Gutachten zum Grubenwasseranstieg bestätigt Bedenken – Risiken für Trinkwasser schon in Phase I

Auf Druck der Grünen-Landtagsfraktion hatte die Landesregierung in der letzten Legislaturperiode eine unabhängige Begutachtung zum geplanten Grubenwasseranstieg in Auftrag gegeben. Schon zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe haben die Grünen kritisiert, dass ausschließlich der Anstieg in der ersten Phase auf -320 Meter NN betrachtet wird, obwohl die RAG plant, das Grubenwasser bis zum freien Auslauf an der Tagesoberfläche ansteigen zu lassen. Außerdem werden andere Gefahren des Grubenwasseranstiegs wie Bodenbewegungen und Ausgasungen nur tangiert. Der Autor weist selbst daraufhin, dass die Ausführungen hierzu nicht fachgutachtlicher Natur sind und nur als ergänzende Beiträge verstanden werden dürfen. Zu den nun vorliegenden Ergebnissen des Gutachtens erklärt Barbara Meyer-Gluche, stellvertretende Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Saar:

„Obwohl das Gutachten sich nur auf den Anstieg auf -320 Meter NN beschränkt, sind die Aussagen und Prognosen mehr als Besorgnis erregend. Die Beschwichtigungen der RAG bezüglich der Phase I des Grubenwasseransteigs waren nicht statthaft. Das belegt dieses Gutachten bei genauem Hinsehen. Wir sind froh, dass mit diesem Gutachten nun eine unabhängige Bewertungsgrundlage vorliegt, auch wenn wir es nach wie vor kritisieren, dass sich diese nur auf den Teilanstieg auf -320 Meter NN beschränkt und andere Gefahren neben der Trinkwasserbeeinträchtigung nur tangiert werden. Der Autor bestätigt uns darin, dass der „große Maßstab der Maßnahme und die Komplexität verschiedener Zusammenhänge“ im Vergleich Grubenwasseranstiegen in der Vergangenheit „neu“ ist und eine umfassende Begutachtung notwendig ist.

Zu Beeinträchtigungen der Trinkwassergewinnung

Die von der RAG gebetsmühlenartig vorgetragene Behauptung, dass eine Trinkwasserbeeinträchtigung bei einem Anstieg auf -320 Meter NN schon allein wegen des hohen Abstands zu den trinkwasserführenden Schichten ausgeschlossen sei, wird nicht belegt. Der Gutachter spricht Querstörungen und Klüfte im Scheidtertal an, deren Verlauf und Beschaffenheit nicht bekannt sind. Das Störungssystem im Scheidtertal könnte unter bestimmten Voraussetzungen „[…] eine maßgebliche hydraulische Relevanz haben und könnte in der jetzigen oder der späteren Phase des Grubenwasseransteigs Wasser aus dem Karbon in das dortige wichtige Wassergewinnungsgebiet führen […]“ (Kap. 7, S. 26). Die Bandbreite der Beeinflussung reiche von ‚vernachlässigbar‘ bis ‚beachtenswert‘.“ (Kap.7, S. 33) Resultate von Variantenrechnungen schlössen eventuelle Beeinträchtigungen nicht gänzlich aus, weswegen der Gutachter ein Monitoring für die folgenden Wassergewinnungsunternehmen/-gebiete empfiehlt: KEW Neunkirchen (Kasbruch, Hirschberg), Stadtwerke St. Ingbert, Stadtwerke Sulzbach, energis (Spiesermühltal) und Stadtwerke Saarbrücken.

Zu Erderschütterungen, Hebungen und Senkungen

Gerade während der ersten Phase auf -320 Meter NN werden nach Aussage des Gutachters Erschütterungen eintreten. Denn hier wird der kritische Bereich bei -880 Meter NN oberhalb des Flözes Schwalbach betroffen sein. Seiner Einschätzung nach werden die Erschütterungen im Bereich des Bergwerks Saar wohl am stärksten sein. Der These der RAG, dass eine Bebenstärke wie zu Zeiten des aktiven Bergbaus ausgeschlossen sei, schließt er sich nicht uneingeschränkt an. Er sieht dies nur mit „allerhöchster Wahrscheinlichkeit“ als zutreffend an.

Bezüglich der Hebungsthematik weist der Gutachter darauf hin, dass diese „in der Größenordnung zwischen 3 bis etwas mehr als 16 cm anzunehmen“ sind. Diese könnten seiner Einschätzung nach auch zu Schäden führen: An den Schollenrändern „könnte es zu Hebungsdifferenzen kommen, die je nach Oberflächennutzung zu nachteiligen Folgen oder Schäden führen könnten.“ (Kap. 8, S. 38)

Zu Ausgasungen

Der Autor bestätigt die Befürchtungen über mögliche Ausgasungen während des Grubenwasseranstiegs. Eventuell könnten diese auch mit erhöhtem Radon-Austritt einhergehen. Es seien „vielfach bestehende Sicherheitsrisiken vorstellbar und realistisch, aufgrund derer es zu Gefährdungen, Schäden oder Havarien kommen könnte.“ (Kap. 9, Seite 46) Mit Blick auf das Risiko Ausgasungen empfiehlt der Autor die Ausarbeitung eines „detaillierten Untersuchungs- und Überwachungsplans sowie einen schubladenfertigen Maßnahmen- und Alarmplan“ (Kap. 9, S. 47)

Zusammenfassend müssen wir feststellen, dass die Ergebnisse des Gutachtens alles andere als beruhigend sind. Wenn es die Landesregierung mit ihrer Aussage ernst meint, dass sie keinen Grubenwasseranstieg genehmigt, sofern eine Gefährdung des saarländischen Trinkwassers nicht ausgeschlossen werden kann, dürfte sie schon diese erste Phase des Grubenwasseranstiegs auf -320 Meter NN nicht genehmigen. Wir fordern die Landesregierung deshalb auf, zu ihrem Wort zu stehen!

Neben der Trinkwasserproblematik muss die Landesregierung auch die anderen Gefahren endlich mit der notwendigen Ernsthaftigkeit. Das bedeutet zweierlei: Erstens muss sie auch zu den Themen Bodenbewegungen, Ausgasungen und Vernässungen eigene unabhängige Gutachten in Auftrag geben und darf sich nicht auf die Gutachten der RAG verlassen. Zweitens muss sie auf Bundesebene darauf hinwirken, dass die Thematik der Bergschadensvermutung für die Bürgerinnen und Bürger endgültig rechtssicher geklärt wird. Denn hier bestehen nach wie vor Regelungslücken. Wir fordern, dass die Bergschadensvermutung für alle möglichen Schäden durch einen Grubenwasseranstieg gilt.“