Auf Einladung des NABU Homburg besuchten Vertreterinnen und Vertreter der Landesarbeitsgemeinschaft Energie, der Energiewende Saarland, des BUND, einer Bürgerinitiative, sowie Vertreter:innen der Saar-Grünen vergangene Woche die Talsperre Nonnweiler. Ziel des Vor-Ort-Termins war es, sich ein eigenes Bild von der wasserwirtschaftlichen, ökologischen und energiepolitischen Bedeutung der größten Talsperre des Saarlandes zu machen.
Die größte Talsperre des Saarlandes hat ein Wasserdargebot von mehr als 20 Millionen Kubikmetern pro Jahr. Damit könne man ein Drittel des gesamten saarländischen Wasserbedarfs decken, erklärte Günther Schnur vom Talsperren-Zweckverband. Nur ein bescheidener Teil davon wird derzeit durch Aufbereitung als Trinkwasser genutzt.
Saarpfalz-Kreis gibt bereits heute Wasserreserven ab: Druck steigt
Der größte Teil des Trinkwassers im Saarland wird aus Grundwasser gewonnen. Dabei pumpen die 40 Wasserversorger viel Wasser durchs Land. So werden z. B. aus Niederwürzbach im Bliesgau jährlich ca. 2,5 Millionen Kubikmeter Grundwasser nach St. Wendel gepumpt. Das entspricht rund 50 Prozent des Wasserbedarfs im Bereich der WVW. Dabei liegt die Talsperre Nonnweiler dort vor der Haustür.
„Wir geben einen erheblichen Teil unseres hochwertigen Grundwassers an andere Landesteile ab, während dort vorhandene Potenziale nur wenig genutzt werden. Gleichzeitig trocknen Feuchtgebiete und Moore in unseren eigenen Regionen aus. Diese Entwicklung ist weder ökologisch tragbar noch politisch gerecht“, macht Volker Morbe, Landesvorsitzender der Grünen im Saarland, deutlich.
Ziel des Naturschutzes: Wassernutzung mit Rücksicht auf Klima und Artenschutz
Abhilfe ist jedoch in Sicht. So wird derzeit mit dem Bau einer Trinkwasseraufbereitungsanlage bei Eiweiler begonnen. Damit kann künftig Wasser aus der Talsperre als hochwertiges Trinkwasser aufbereitet werden. „Seit 1996 wurde darüber diskutiert, jetzt kommt das Projekt endlich voran. Das ist auch dem Engagement vieler Umweltinitiativen zu verdanken“, so Morbe weiter. Die Bauherren haben ihre Anlage so dimensioniert, dass sie zusätzlich 1 Million Kubikmeter Trinkwasser für weitere Versorger bereitstellen könnte. Doch hat sich bislang niemand gemeldet. Interessent:innen müssten sich an den Kosten beteiligen. Dazu ist jedoch bisher niemand bereit.
Der benachbarte Wasserzweckverband Ostsaar (WVO) könnte diese Wassermenge durchaus brauchen, scheut aber die Kosten. Stattdessen hat man erhöhte Wasserrechte im Königsbruch, dem größten saarländischen Moor, beantragt. Der NABU-Landesverband will gegen eine solche Vergabe klagen. Das Genehmigungsverfahren ist noch in der Schwebe.
Ziel künftiger Investitionen müsse eine ausgewogene, am Gemeinwohl orientierte Wasserstrategie sein: „Trinkwasser darf kein Spielball von Partikularinteressen sein, weder für Wasserversorger, die nicht in die Zukunft investieren wollen, noch für andere. Es geht um Versorgungssicherheit und den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen“, erklärt der grüne Landesvorsitzende.
Wasser als Konfliktfeld: Naturschutz versus Freizeitindustrie
Ein wachsendes Spannungsfeld bilden auch Naturschutzinteressen und Begehrlichkeiten der Freizeitindustrie. Während Umweltverbände auf eine Nutzung der Talsperre zur Trinkwasserversorgung bei gleichzeitiger Schonung von Feuchtgebieten und Mooren sowie als strategische Trinkwasserreserve drängen, verfolgt die Freizeitwirtschaft ganz andere Ziele. Sie fordert stabile Wasserstände für touristisch genutzte Gewässer wie den Bostalsee, selbst in niederschlagsarmen Sommern. Dies steht in direkter Konkurrenz zur Aufgabe der Talsperre als Klimareserve und Trinkwasserspeicher.
„Das ist ein schwerwiegender Zielkonflikt. Wollen wir in Zukunft Wasser für Mensch und Natur sichern oder vorrangig für Freizeitinteressen verfügbar halten? Die Antwort darf nicht zu Lasten unserer ökologischen Verantwortung ausfallen und muss unbedingt auch die ökologischen Interessen des Saarpfalzkreises und seiner Biosphärenregion mitbetrachten“, betont Volker Morbe. Er fordert eine klare Priorisierung: „Trinkwasser, Naturräume und klimaresiliente Landschaften müssen Vorrang haben vor Freizeitbedürfnissen!“
Strukturreform überfällig: 40 Wasserversorger für 1 Mio. Menschen sind zu viele
Die Saar-Grünen fordern darüber hinaus eine umfassende Neuordnung der Wasserwirtschaft im Saarland. Mehr als 40 kleine Wasserversorger für rund 1 Million Einwohner:innen, von denen die Mehrzahl Kirchturmpolitik betrieben, sei unwirtschaftlich und habe keine Zukunft. Der „Masterplan Wasser 2040“ fordere eine Konsolidierung hin zu einem leistungsfähigen Verbundsystem. „Köln kommt bei etwa gleicher Einwohnerzahl wie das Saarland mit einem einzigen Versorger aus. Wenn die Landesregierung Ernst machen will mit einem klimastabilen Saarland, muss sie ihrem Masterplan folgen und die geforderte Konsolidierung auch umsetzen“, fordert der Grünen-Landesvorsitzende Volker Morbe abschließend.