Nach Pfingsthochwasser 2024: Saar-Grüne fordern besseren Hochwasserschutz und stärkere Unterstützung für Kommunen

Ein Jahr nach dem verheerenden Pfingsthochwasser im Saarland [1] ziehen die Saargrünen Bilanz. Dazu Volker Morbe, Landesvorsitzender der Grünen im Saarland: „Trotz erster Fortschritte beim Hochwasserschutz und der Katastrophenvorsorge bleibt noch viel zu tun, um das Saarland krisenfester gegen die zunehmenden Wetterextreme zu machen. Die Städte und Gemeinden im Saarland haben ihre Anstrengungen sichtbar verstärkt, doch angesichts der wachsenden Bedrohung durch den Klimawandel brauchen sie noch deutlich mehr Unterstützung. Vor allem die Unterstützung der Kommunen durch das Umweltministerium muss verbessert werden. Insbesondere die Koordination und Kommunikation seitens der Umweltministerin Berg sowie die Beschleunigung der Verfahren bleiben hinter den Erwartungen zurück.“

Verbesserungen im Hochwasser- und Katastrophenschutz
„Dank intensiver Zusammenarbeit in den Hochwasserpartnerschaften und der Erarbeitung fast flächendeckender Hochwasser- und Starkregenvorsorgekonzepte sind die Kommunen besser vorbereitet als 2024. Allerdings zeigt die Realität, dass die Umsetzung vieler Maßnahmen Zeit braucht. Vor allem große Infrastrukturprojekte wie die Sanierung des Hallenbads in Lebach dauern noch an. Es ist gut, dass die Städte und Gemeinden aus der Katastrophe gelernt haben. Aber klar ist auch, dass größere Schäden nicht von heute auf morgen behoben werden können. Wichtig ist, dass Prioritäten richtig gesetzt wurden und akute Gefahrenstellen schnell beseitigt werden konnten. Die gemeldeten kommunalen Schäden stiegen im Laufe der vergangenen Monate von ursprünglich 42 Millionen auf rund 46,16 Millionen Euro. Der Wiederaufbau schreitet voran, doch vollständige Normalität ist vielerorts noch nicht erreicht“, so Morbe weiter.
„Positiv bewerten wir die Verbesserungen im Bereich des Katastrophenschutzes. Die saarländischen Feuerwehren haben aus dem Hochwasserjahr 2024 wichtige Lehren gezogen. Ausrüstung und Ausbildung wurden verbessert, neue Fahrzeuge wurden beschafft. Das ist ein enorm wichtiger Schritt, den wir ausdrücklich begrüßen. Was es außerdem braucht, ist eine dauerhafte, bedarfsgerechte Finanzierung des Brandschutzes. Dafür müssen die Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer den kommunalen Trägern endlich vollständig zugutekommen“, macht Morbe deutlich.

Finanzierung sichern: Förderprogramme, Klimafonds und Sonderprogramme
Zur Anpassung der Förderprogramme äußert sich der Landesvorsitzende folgendermaßen: „Die Erhöhung der Zuschüsse auf bis zu 90 Prozent ist ein richtiger und wichtiger Schritt. Dennoch haben kleinere Kommunen trotz der Förderquoten weiterhin mit Finanzierungsproblemen zu kämpfen. Technische Hochwasserschutzmaßnahmen sind teuer und der Eigenanteil von zehn Prozent kann eine Hürde sein, die für viele Kommunen schlicht nicht überwindbar ist. Hinzu kommt auch, dass die Förderanträge der Kommunen zu langsam bearbeitet werden, was die Auszahlung der bewilligten Mittel mitunter stark verzögert. Aus diesem Grund erneuern wir Grünen im Saarland unsere Forderung nach einem eigenen Klimafonds für Klimaschutz- und Klimafolgenanpassungsmaßnahmen sowie nach weiteren Sonderprogrammen für den Hochwasserschutz. Es braucht gesetzliche Erleichterungen für die Beseitigung von Naturkatastrophenschäden etwa durch vereinfachte Genehmigungsverfahren.“

Gesetzliche und planerische Rahmenbedingungen verbessern

Neuer Landesentwicklungsplan erforderlich
„Im Saarland gilt leider immer noch der Landesentwicklungsplan aus dem Jahr 2006. Dieser bildet die Gefahren durch Hochwasser und Starkregen nur unzureichend ab. Im Entwurf zum neuen LEP wird der Hochwasservorsorge in der Landesplanung ein deutlich höherer Stellenwert eingeräumt. Es ist höchste Zeit, diesen zu verabschieden. Dadurch könnten etwa noch nicht bebaute Überschwemmungsflächen vor Bebauung dauerhaft geschützt und Flächennutzungspläne entsprechend angepasst werden“, hebt Morbe hervor.

Hochwasserentstehungsgebiete ausweisen
Der Landesvorsitzende benennt ein weiteres Desiderat: „Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG §78d) gibt den Bundesländern die Möglichkeit, Gebiete, in denen in kurzer Zeit starke oberirdische Abflüsse entstehen können als Hochwasserentstehungsgebiete auszuweisen. In diesen Gebieten muss das natürliche Wasserversickerungs- und Wasserrückhaltevermögen der Böden erhalten und verbessert werden (keine weitere Versiegelung, keine Umwandlung von Grünland in Ackerland, …). Diese Maßnahmen dienen vor allem dem Schutz der Unterlieger und sollten von der Landesregierung umgehend in Angriff genommen werden.“

Kanalnetz und Siedlungsentwässerung anpassen
„Die Eigenkontrollverordnung Kanal (EKVO) ist seit 25 Jahren in der Entwurfsphase und liegt immer noch nicht vor. Dort sollen die Regeln der Kommunen und des EVS für den Bau, die Sanierung und die Kontrolle des Kanalnetzes festgelegt werden. Hier sind Anpassungen an die Erfahrungen des Pfingsthochwassers 2024 schnellstmöglich erforderlich, damit das Regelwerk endlich in Kraft gesetzt werden kann. Die Finanzierung der Klimaanpassung der Siedlungsentwässerung erfordert Maßnahmen von mindestens 100 Mio. € jährlich über die nächsten 10 Jahre. Dies sollte je zur Hälfte aus dem Landeshaushalt und einer Abgabe auf versiegelte Flächen finanziert werden. Damit diese dringend erforderlichen Deich- und Rückhaltemaßnahmen zeitnah umgesetzt werden können, müssen die Planungs- und Genehmigungsverfahren massiv beschleunigt werden“, fordert Morbe.

Schutz vor Schadstoffen verbessern und Heizungsumstieg fördern
Der Landesvorsitzende macht zudem auf die Notwendigkeit der Anpassung der Heizsysteme in Hochwasserrisikogebieten aufmerksam: „Nach dem Pfingsthochwasser gab es im Saarland auch Berichte über ausgetretenes Heizöl. Insbesondere auf landwirtschaftlich genutzten Flächen wurden Kontaminationen festgestellt. Hausbesitzer:innen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten sind heute bereits verpflichtet, ihre Heizöltanks hochwassersicher auszurüsten. Um Schäden in Zukunft zu minimieren, sollte die Landesregierung die Umsetzung dieser Pflicht verstärkt kontrollieren. Angesichts der zunehmenden Wahrscheinlichkeit verheerender Hochwasser, sollte die Pflicht, Heizöltanks hochwassersicher zu machen, auch auf Hochwasserrisikogebiete ausgeweitet werden. Für Betreiber:innen von Ölfeuerungsanlagen in Überschwemmungs- und Risikogebieten sollte der Umstieg auf regenerative Alternativen ohne Öl gezielt gefördert werden.“

Elementarschadenversicherungspflicht einführen
„Schäden durch Hochwasser- oder Starkregenereignisse können mit zunehmender Aufheizung des Klimas fast jede:n treffen. Ein allumfassender Schutz davor ist nicht möglich. Darum ist es gerechtfertigt eine allgemeine Pflicht zur Elementarschadensversicherung in Deutschland einzuführen. Dies darf allerdings kein Freibrief dafür sein, in hochwassergefährdeten Gebieten keine notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen“, erklärt Morbe.

Klimafolgenanpassung als Pflichtaufgabe verankern
Der Landesvorsitzende der Saar-Grünen kommt zu dem folgenden abschließenden Résumé: „Angesichts zunehmender Extremwetterereignisse muss die Klimafolgenanpassung dringend zur Pflichtaufgabe der Kommunen werden, bei welcher sie finanzielle Unterstützung durch Bund und Land erhalten. Das Pfingsthochwasser 2024 war eine schmerzhafte Mahnung. Wir dürfen jetzt nicht nachlassen. Nur durch konsequenten Hochwasserschutz, starke Kommunen und eine klimafeste Infrastruktur können wir zukünftige Katastrophen besser bewältigen. Dazu gehört auch, dass das Land eine Gesamtstrategie zur Koordination und Priorisierung von Hochwasserschutzprojekten gemeinsam mit den Kommunen erarbeitet. Dezentrale Maßnahmen wie die Schaffung von Retentionsflächen und Regenüberlaufbecken sollten hierbei eine besondere Förderung erhalten.“

[1] https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/landespolitik/hochwasser-was-kommunen-im-saarland-fordern-kritik-an-ministerin-berg_aid-126859549