Klimaschutzkonzept-Check Teil 5: Die Maßnahmen des natürlichen Klimaschutz bleiben hinter den Möglichkeiten zurück

Jeanne Dillschneider, Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Saar: „Wir begrüßen, die Veröffentlichung des Entwurfs eines Klimaschutzkonzeptes durch die Landesregierung. Gleichzeitig haben wir im Rahmen unserer Reihe ‚Klimaschutzkonzept-Check‘ aber auch schon zahlreiche Mängel an den für die Sektoren Energie, Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft geplanten Maßnahmen benannt. Problematisch ist für uns auch, dass der natürliche Klimaschutz im vorgelegten Entwurf so gut wie keine Rolle spielt. Der natürliche Klimaschutz ist aber sowohl für die Bindung der CO2-Emissionen als auch für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels von essenzieller Bedeutung. Anders als technische Klimaschutzmaßnahmen, die mitunter auch negative Auswirkungen auf die Biodiversität haben können, hat der natürliche Klimaschutz sowohl die Klimakrise als auch die Biodiversitätskrise im Blick; Klimaschutz kann nicht ohne den Schutz von Ökosystemen gedacht werden. Natürlicher Klimaschutz fokussiert sich nicht auf die Klimawirkung auf Kosten anderer ökologischer Schutzgüter. Vielmehr sollen mithilfe des natürlichen Klimaschutzes intakte Lebensräume erhalten oder wiederhergestellt werden und resiliente, artenreiche Ökosysteme erschaffen werden.“


„Gesunde Ökosysteme sind widerstandsfähiger und können sich leichter an die Folgen des Klimawandels anpassen, sie sind resistenter gegen Stürme und Starkregenereignisse. Eine Renaturierung von Mooren hat beispielsweise neben der besseren CO2-Bindung zur Folge, dass mehr Wasser in der Fläche gehalten wird. Bei Trockenheit profitieren auch benachbarte landwirtschaftliche Flächen von dieser Rückhaltung. Natürlicher Klimaschutz in Städten senkt Temperaturen im Sommer und federt Extremwetterereignisse ab. Natürlicher Klimaschutz ist ein wichtiger Stellhebel für den Erhalt unserer lebenswichtigen Ressource Wasser. Zumindest der erste Entwurf des Klimaschutzkonzeptes vernachlässigt die Möglichkeiten eines natürlichen Klimaschutzes. Zwar erkennt der Entwurf des Klimaschutzkonzeptes für das Saarland die Bedeutung des natürlichen Klimaschutzes für die Speicherung des Kohlenstoffdioxids an. Weitergehende Maßnahmen fehlen allerdings bis auf wenige Ausnahmen, mit der Begründung, dass dieser Beitrag der CO2-Speicherung nicht mit den Minderungsverpflichtungen in den einzelnen Sektoren direkt verrechnet werden kann. Er diene lediglich dazu, die ab dem Jahr 2045 unvermeidbaren Restemissionen zu kompensieren. Die herausragende Bedeutung der Funktion des LULUCF-Sektors (1) hat auch das Bundesklimaschutzgesetz erkannt und weist ihm ein eigenes Ziel zu“, ergänzt die Landesvorsitzende der Grünen im Saarland.


Volker Morbe, ebenfalls Landesvorsitzender der Saargrünen, äußert sich zur Berücksichtigung des natürlichen Klimaschutzes im Klimaschutzkonzept folgendermaßen: „Mit Blick auf die Bedeutung des natürlichen Klimaschutzes sowohl für den Klimaschutz als auch für die Klimafolgenanpassung und vor dem Hintergrund der sich verstärkenden Biodiversitätskrise fordern wir deshalb, Maßnahmen zum natürlichen Klimaschutz im Klimaschutzkonzept für das Saarland zu ergänzen. Wichtig wäre in diesem Zusammenhang vor allem eine Wiedervernässung von Mooren wie beispielsweise dem Homburger Königsbruch, da intakte Moore großes Potenzial besitzen, indem sie große Mengen an CO2 speichern. Mithilfe von Fördermitteln des Bundes ließe sich das Königsbruch wiedervernässen, was wiederum positive Auswirkungen auf die CO2-Bindung sowie den Wasserhaushalt hätte. Außerdem appellieren wir an die Landesregierung, Flächen, auch Wald, dauerhaft aus der Nutzung zu nehmen. Naturschutzgebiete und Waldflächen, auf denen sich die Natur frei entfalten kann, sind unverzichtbar für die Erhaltung der biologischen Vielfalt und wertvoll für den natürlichen Klimaschutz. Diese Lebensräume müssen durch die Ausweisung ausreichend großer Schutzgebiete gesichert werden. Darüber hinaus muss auch eine Vernetzung der Schutzgebiete gewährleistet werden, um der immer stärkeren Habitatfragmentierung zu begegnen. Selbst kleinere Flächen können mit eigendynamischer Entwicklung als Schutzgebiete einen wichtigen Beitrag zum natürlichen Klimaschutz liefern.“


„Auch ein konsequenter Schutz des Bodens und des Bodenökosystems sind im Rahmen der Erweiterung des natürlichen Klimaschutzes von zentraler Bedeutung. Der Boden kann große Mengen an CO2 speichern, was positive Effekte für den Wasserhaushalt mit sich bringt. Hierzu gehören auch die Begrenzung der Flächenversiegelung und die Förderung der Flächenentsiegelung, nicht nur für die Landesliegenschaften. Darüber hinaus fordern wir eine Stärkung des natürlichen Klimaschutzes in den Siedlungs- und Verkehrsflächen. Eine konsequente Entwicklung innerstädtischer Grün- und Blauräume sowie die Schaffung von innerstädtischen Naturoasen, die Begrünung von Gebäuden, die Entsiegelung und Renaturierung von Flächen und Schottergärten im Sinne von Grün statt Grau verbessern die Speicherung von Kohlenstoffdioxid und wirken sich positiv auf das innerstädtische Klima und den Wasserhaushalt aus. Hierzu gehören auch der konsequente Rückbau und die Flächenentsiegelung nicht mehr genutzter Verkehrsflächen und Gebäude. Zusammenfassend bleibt in Bezug auf den natürlichen Klimaschutz im Klimaschutzkonzept anzumerken, dass eine übergeordnete Suffizienzstrategie fehlt. Im geplanten Klimaschutzgesetz geht es viel mehr darum, einen Weg des ‚Weiter so!‘ zu verfolgen, der zwar THG-Emissionen einspart, die längst überfälligen Konsequenzen der Klimaforschung aber versucht zu vermeiden“, schließt der Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Saar ab.

 

(1) Kategorie/Sektor „Landnutzung, ⁠Landnutzungsänderung⁠ und Forstwirtschaft“ (kurz ⁠LULUCF⁠)